Wenn ich darüber nachdenke, wie es aussehen könnte, »behutsam lutherisch« zu sein, dann gerät auch der Umgang mit dem in den Blick, was einer Kirche als Tradition anvertraut ist. Es ist völlig klar: Kirche und Glaube sind keine statischen Gebilde. Auf einem verlässlichen Fundament wird es immer wieder auch Neujustierungen geben (und hat es auch immer gegeben). »Behutsam lutherisch« zu sein, würde mich dann aber bedeuten, achtsam mit den überkommenen Richtungsentscheidungen umzugehen. Fahranfänger neigen bisweilen dazu, hektisch und übermäßig gegenzusteuern, wenn sie das Gefühl haben, sie müssten ihren Kurs korrigieren. Erfahrene Autofahrer agieren häufig behutsamer und minimieren so die Gefahr, völlig aus der Bahn geworfen zu werden.
Behutsam mit der eigenen kirchlichen Tradition, ihren Richtungsentscheidungen und Festlegungen umzugehen, bedeutet dann auch, Menschen, die als Christinnen und Christen im Umgehen mit Gottes Wort um ihren Weg und den Weg der Kirche gerungen haben, wertzuschätzen und auch ihnen gegenüber lernfähig zu bleiben, ohne komplett auf Neuausrichtungen verzichten zu wollen und zu können.