Begeisterung als ambivalentes Phänomen

Begeisterung kann etwas Wunderbares sein. Wenn jemand mir begeistert von dem erzählt, was er oder sie erlebt hat oder woran ihr Herz hängt, dann kann das ansteckend wirken. Vielleicht interessiere ich mich auch dann auch dafür. Das klingt so toll, dass ich mir das nicht entgehen lassen möchte. Es ist aber nur ein schmaler Grad. Leicht kann es auch »umkippen«: Wenn mein Gegenüber geradezu penetrant immer wieder seine Begeisterung teilt – selbst dann, wenn ich längst signalisiert habe, dass ich sie nicht teile. Noch schlimmer ist und wäre es, wenn ich dann sogar noch bedrängt werde. Wahrscheinlich würde ich mich dann zurückziehen.

In theologischen Zusammenhängen haben wir es mit einem ähnlichen Phänomen zu tun. Alles beginnt mit der Begeisterung über Gottes Handeln. Und das hat ansteckend gewirkt. Immer wieder – über die Jahrhunderte hinweg. Aber es ist eben auch immer wieder gekippt. Aus dem Teilen der Begeisterung wurde eine bedrängende Haltung, weil die frohe Botschaft doch so gut sei, dass man sie teilen muss.

Dies immer wieder zu unterscheiden, was es bedeutet, Begeisterung mit Respekt für den anderen zu teilen, ohne andere zu bedrängen, scheint mir auch wesentlich für eine behutsame lutherische Theologie zu sein.

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