Luther übersetzt die Überlegungen des Apostels Paulus in 1. Korinther 13,9 so, dass unser Wissen »Stückwerk« sei. Nun wird man dies nicht im Sinne eines neuzeitlichen Relativismus und Konstruktivismus verstehen dürfen, der dem Apostel sicherlich fremd wäre, da er in einer völlig anderen Denkwelt gelebt hat.
Aber ein gewisses Maß an Demut lehrt mich diese Erkenntnis doch und spiegelt ja gleichzeitig auch mein eigenes Erfahren. Ich habe immer nur eine eingeschränkte Perspektive auf Phänomene, kann niemals behaupten, alles zu wissen, alles im Blick zu haben und angemessen einschätzen zu können. Gerade deswegen bin ich auf Gespräche und die Weitung meines eigenen Horizonts angewiesen.
Wie kann das für Kirche gelingen, dass sie einerseits an dem festhält, was sie als richtig und wichtig erkannt hat, andererseits aber auch den Blick behält für die Grenzen ihres Wissens und ihrer Einschätzungen, dass auch sie lernfähig bleibt?
Vielleicht so, dass sie diese Worte des Apostels Paulus nicht vergisst.